Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz erlaubt es, in Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften (EEG) nicht nur Strom, sondern auch Wärme zu teilen und zu handeln. Bislang wird diese Möglichkeit jedoch noch kaum genützt. Warum? Dem gingen Expert:innen bei einer Fachveranstaltung nach.
Beim Co-Creation Lab „Anwendungsmöglichkeiten für Energiegemeinschaften im Wärmebereich“ am 7. Juni diskutierten Expert:innen auf Einladung der Wirtschaftsagentur Wien und Urban Innovation Vienna die aktuelle Situation. Mit dabei waren unter anderem Fachleute der Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften, der Wirtschaftsagentur Wien, der Stadt Wien, AEE Intec, AIT – Austrian Institute of Technology, dem Raiffeisen-Revisionsverband Niederösterreich-Wien, Austria Solar und andere.
Wärmewende. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen drei Fragen: Wo liegen aktuell Probleme in der Umsetzung der Wärmewende? Welche Lösungen und Potenziale können EEGs anbieten? Und welche Rahmenbedingungen werden dafür benötigt? Wie wichtig die richtigen Antworten auf diese Fragen sind, zeigt ein Blick auf die Zahlen: Während laut Statistik Austria der Anteil erneuerbarer Energie in Österreich im Jahr 2020 bei der Elektrizitätserzeugung bei 78,2 Prozent lag, betrug er im Bereich „Wärme und Kühlen“ lediglich 35 Prozent.
Dass sich derzeit deutlich weniger EEGs mit der Wärmewende als mit der Elektrizität befassen, hat viele Ursachen. Der wichtigste Grund ist wohl, dass das Teilen von Wärme mit höherem Aufwand verbunden ist als das Teilen von Strom. Während im Elektrizitätsbereich alle potenziellen Teilnehmer:innen über das öffentliche Stromnetz miteinander verbunden sind, ist diese umfassende Vernetzung im Wärmebereich nicht gegeben.
Teilen aber wie? Die einfachste Lösung stellt die Nutzung von regional erzeugtem Ökostrom für Wärmepumpen dar. Dazu braucht es allerdings ein gutes Lastmanagement. Speziell im Neubau und im Bereich gut gedämmter Gebäude könnten Anergienetze die Wärme transportieren. Diese Wärmenetze eignen sich bestens zur Nutzung von Abwärme mit deutlich niedrigeren Temperaturen als sie in herkömmlichen Nah- und Fernwärmenetzen benötigt wird. Damit könnte beispielsweise die Abwärme von Serverzentren, Abwärme aus Abwasser etc. genutzt werden. Bei den Verbraucher:innen heben Wärmepumpen die Temperatur auf das benötigte Niveau an.
Mit saisonalen Wärmespeichern, zum Beispiel Erdsondenfeldern, ließe sich überschüssige Wärme aus dem Sommer in der Heizsaison nutzen. Selbstverständlich können auch bestehende und neu errichtete Nahwärmenetze Teil einer EEG werden und noch stärker als bisher Abwärme nutzen.
Klar ist, dass der Ersatz von zwei Drittel fossiler Energie im Wärmebereich (und von rund 90 Prozent im Mobilitätssektor) einen massiven Ausbau von Ökostrom erfordert. Der für die Wärmebereitstellung benötigte Strom soll, da sind sich die Expert:innen einig, möglichst lokal und regional gedeckt werden.
Projektbegleitung. Aber im Wärmebereich gibt es noch kaum Dienstleister:innen, die EEG-Gründer:innen bei der Umsetzung helfen könnten. Und ohne deren Unterstützung erscheint die Gründung von EEGs im Wärmebereich schwierig. Die Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften und die regionalen Expert:innen werden daher in den nächsten Monaten für eine Vernetzung von möglichen EEG-Projekten im Wärmebereich sorgen und deren Betreiber:innen bei der Umsetzung begleiten.
„Es ist sehr wichtig, die Bürger:innen in die Energiewende einzubinden und aktiv mitgestalten zu lassen“, erklärt Eva Dvorak, die Leiterin der Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften. „Die Bereitschaft der Menschen ist aufgrund der derzeitigen Situation sehr groß, sich aktiv einzubringen – und Energiegemeinschaften bieten dazu eine große Chance. Sie sind ein Instrument für die Dezentralisierung, Dekarbonisierung und Demokratisierung unseres Energiesystems.“